Keine Pandemie ohne Infodemie. Pandemien gehen einher mit Infodemien. Diese zeichnen sich durch eine Überfülle an Informationen aus, die nur schwer zu bewältigen ist und die üblichen Nachrichtenfilter an ihre Grenzen bringt. Lanz, Maischberger & Co, die Kampagnen-Welt mit dem Virologen Streeck versus Söder-SZ – es stellt sich immer die Frage: Wo ist ein echter Experte, der die Nachrichtenflut einordnet? Wie ist es um die Qualität der Informationen bestellt, der Pressefreiheit schlechthin? Notizen aus virulenten Tagen.

Autor

Katrin von Philipp

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Fake News: Pexels

Datum

10. März 2022

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Nichts Gutes ahnend, öffne ich eine Whatsapp-Nachricht, die mir unser Hausmeister im November 2021 schickt. Es ist ein weitergeleitetes YouTube-Video mit dem Hinweis, dass „hier endlich Fakten in ein vernünftiges Verhältnis gebracht werden.“

Es ist der Beginn des Höhepunkts der Pandemie. Das zweite Weihnachten in der Pandemie ist nicht mehr fern. Die vierte Welle beginnt, das Land mit voller Wucht zu erfassen.

Der Link führt zu einem Posting über einem ARD-Beitrag mit der Headline: „ARD Extra teilt langsam endlich die Wahrheit.“ – Ich starte das Video. Man sieht leere Betten auf verschiedenen Intensivstationen. Der Virologe Hendrik Streeck verkündet, dass die Coronalage sich entspannt. Schnitt.

Ein Oberarzt sagt, dass die Intensivstation in seiner Lungenklinik halbleer steht. Dazwischen fröhliche Moderatoren. Schnitt. – Das kann nicht sein, denke ich. Es ist Ende 2021. Gerade versuchen doch Ärzte und Pflegepersonal der vierten Welle beizukommen. Seit Wochen verfolge ich immer wieder verschiedene TV-Berichte über volle Intensivstationen. Schnitt.

Übermüdet wirkendes Pflegepersonal berichtet in Interviews von aufwändigen Patiententransporten. Die triageartigen Zustände sind mehr als besorgniserregend. Schnitt. – Schließlich komme ich auf die Idee, die Kommentare unter dem Video zu lesen. Da gibt es doch mehrere User, die darauf hinweisen, dass der Beitrag über ein Jahr alt ist.

Tatsächlich: Ich finde den Beitrag in der ARD-Mediathek. Er ist von 2020. Aber er wurde erst vor Ende 2021 auf YouTube eingestellt: Zusammen mit der Headline „ARD Extra teilt langsam endlich die Wahrheit“ schält sich langsam eine bewusste Irreführung heraus.

Jetzt bin ich ehrlich entrüstet. Ich informiere meinen Hausmeister, der ist irritiert. Dann schicke ich den Link einem Freund, der Journalist ist. Der reicht sofort bei YouTube eine Beschwerde ein.

Inzwischen ist das Video gelöscht.

Partner von Pandemien sind Infodemien – auch Lügen gefährden die Gesundheit

Dass an sich seriöse Nachrichten aus dem zeitlichen oder inhaltlichen Zusammenhang gerissen werden, ist typische Praxis von Pandemie-Leugnern. Nutzer wie unser medienferner Hausmeister lassen sich damit aber durchaus gewinnen.

Der Faktor Zeit spielt während einer Pandemie eine große Rolle, da die Maßnahmen je nach Inzidenz mal mehr mal weniger dringlich sind. Häufig werden von der Leugnerszene veraltete Schnipsel aus Beiträgen oder Artikeln aus der Vergangenheit genutzt, um mit der dadurch verfälschten Aussage Argumente in der Gegenwart zu stützen.

Nicht nur Viren wandern also während der Coronakrise von Wirt zu Wirt. Auch Fake News verbreiten sich rasant, Digitale Netzwerke sind der ideale Wirt dafür. Zur Pandemie gesellte sich eine Infodemie. Soziale Medien kommen entweder mit dem Löschen von Fehlinformationen und ‑interpretationen nicht hinterher oder deren Geschäftsmodelle sehen keine Löschungen vor.

Andrew Pattison, Digital Business Solutions Manager bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), reiste zu Beginn der Pandemie ins Silicon Valley, um mit Vertretern von Apple, Facebook und Google über die sich kometenhaft verbreitenden Fake News und deren Wirkungen zu sprechen. „Wir bekämpfen nicht nur eine Epidemie, wir bekämpfen eine Infodemie“, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus daraufhin.

Was er damit meint: Dubiose Tipps aus dem Netz, Kamel-Urin oder Chlor-Bleiche gegen Covid-19, können die Gesundheit gefährden. In der Coronakrise erschwert die Infodemie die Arbeit der Seuchenbekämpfer in Verwaltung, Forschung, Wissenschaft, Politik und Medizin zusätzlich.

Während der Pandemie ist plötzlich jeder Experte. Vergleichbar mit den Millionen Bundestrainern während der Fußball-WM. Da sind Korrekturen bitter nötig. Als Gegenpol zur Flut falscher Nachrichten sprießen seit der Coronakrise sogenannte Faktenchecks wie Pilze aus dem Boden. Journalisten, Studenten und Experten widerlegen tagtäglich in mühevoller Recherche-Kleinstarbeit jede noch so hanebüchene Behauptung.

Der Begriff Faktencheck, der in Deutschland von der Hart-aber-Fair-Redaktion populär gemacht wurde, hat eine erweiterte Bedeutung erlangt. Correctiv.org, BR Faktenfuchs, Medizin transparent sind nur einige von vielen.

Auch React-Video ist eine relativ neue Wortschöpfung und beschreibt die Reaktion von Youtubern, vor allem auf Videos mit Falschnachrichten.

Die guten, alten Leitmedien gelten in radikalen Querdenkerkreisen als Lügenpresse.

Aber auch gemäßigte „Skeptiker“ hegen bereits ein tiefes Misstrauen gegen die großen Tages- und Wochenzeitungen sowie gegen öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten. Fernab haben sich sozusagen Kampfzonen gebildet. Auf Facebook, Telegram und anderen Plattformen sind riesige Filterblasen entstanden, zum Teil mit Millionen Mitgliedern, in denen man praktischerweise nur noch Informationen erhält, die die eigene Meinung bestätigen.

Plattformen wie Telegram haben äußerst laxe Statuten, darum ziehen solche Messaging-Dienste Rechtsextreme und Verschwörungsgläubige besonders an. Löschungen oder Sperrungen gibt es nicht. Matthias Schwarzer vom Redaktionsnetzwerk Deutschland befindet:

Man kann dort Hakenkreuze posten, den Holocaust leugnen oder zum Genozid aufrufen. Andererseits sehen wir dort auch direkte Mordaufrufe mit Bildern von Personen.

Bei Telegram ist es möglich, Nachrichten an bis zu 200.000 User zu senden. Gewaltfantasien, Verschwörungstheorien und Aufforderungen zum Umsturz sind auf Telegram an der Tagesordnung. Bundeskriminalamt, Bundesanwaltschaft und Geheimdienste ermitteln.

Der Verfassungsschutz weist darauf hin, dass die Leugner-Szene die Plattform zur

Verbreitung der eigenen Agenda sowie zur Mobilisierung für Demonstrationen

nutzt. Dass in der Ära der Lügen inzwischen nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Demokratie gefährdet ist, ist leider kein Verschwörungmythos.

Gutes Karma und positive Aura machen noch keine Expertise

Während des ersten Lock Downs sitze ich einmal leicht verzweifelt mit einer Bänderzerrung beim Orthopäden. Ein besonders netter, besonnener Arzt, denke ich. Er fragt mich, ob ich trotz des Lock Downs genügend Aufträge hätte. Ob mein Alltag stressig ist. Ich antworte, dass die Auftragslage tatsächlich ins Stocken geraten ist. Er empört sich daraufhin über die unsinnigen Maßnahmen. Die Politik, meint er, habe im Grunde keinen Rückhalt in der Bevölkerung, und die Medien würden dies nicht widerspiegeln – andersdenkende Kritiker würden nicht zu Wort kommen.

Etwas irritiert überlege ich, was genau er damit gemeint haben könnte. Wieder zu Hause, überfliege ich die Onlineausgaben von Zeit, FAZ und Spiegel und werfe einen Blick in die Mediathek der ARD. Kubicki, Streeck und Wagenknecht tummeln sich da, die eindeutig konträre Meinungen vertreten.

Auf Zeit online finde ich auf Anhieb Verständnis weckende und sachliche Berichte über Impfkritiker und Anthroposophen. Was also versteht mein Arzt unter „Gleichschaltung“?

Einige Tage später, immer noch im November 2021, schickt mir unser Hausmeister, der offenbar auf Facebook und in anderen sozialen Medien sehr aktiv ist, einen YouTube-Link: Ein gewisser Dr. Bodo Schiffmann warnt davor, dass die gemeldeten Fallzahlen nicht aussagekräftig seien. Grund seien seiner Meinung nach zu viele falsch-positive PCR-Tests.

Unter einem falsch-positiven Test versteht man im Pandemie-Sprech ein Diagnoseergebnis mit einem positiven Ergebnis, obwohl die Person nicht erkrankt ist. In der Leugnerszene ist das Narrativ vom falsch-positiven Test sehr beliebt.

Schiffmann etwa versinnbildlicht seine These mit einer Metapher vom Himbeeren sammeln im Wald, wo rosa Brombeeren gerne mit Himbeeren verwechselt werden. 

Auf den ersten Blick klingt das einleuchtend, auf den zweiten finde ich nach kurzer Recherche einen Faktencheck der Stuttgarter Zeitung. Der Wissenschaftsredakteur Werner Ludwig widerlegt mit ein paar noch einleuchtenderen Fakten Schiffmanns These und demontiert dessen Scheinkausalitäten:

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden.

Mir schwant jetzt am absehbaren Ende der Pandemie, dass der nette Orthopäde seinerzeit vor der großen Welle nicht unbedingt Sahra Wagenknecht gemeint hat, sondern selbsternannte Experten, die sich auf YouTube und in rechtspopulistischen Medien im Rahmen der allgemeinen Meinungsfreiheit äußern.

Diese „Experten“ haben zwar kein echtes Fachwissen, was bei einem kurzen Blick auf deren Biographie ersichtlich wird, aber sie strahlen als Mediziner oder Mikrobiologen eine beruhigende Autorität aus.

Carl Sagan, amerikanischer Astrophysiker und Fernsehmoderator, hat eine derartige Denkfalle als Authority Bias beschrieben, bei der Autorität mit Expertise verwechselt wird.

Die Virologen Christian Drosten und Hendrik Streeck beispielsweise sind ausgewiesene Fachleute für Coronaviren, wohingegen die zur Impfgegnerszene gehörenden Sucharit Bhakdi, Wolfgang Wodarg oder eben Bodo Schiffmann Mediziner ohne Expertise auf dem Gebiet der Virologie und Pandemien sind.

Allein ein Doktortitel befähigt nicht dazu, stichhaltige Aussagen zum Thema Coronaviren oder zu den Impfstoffen zu tätigen, die über bloße Spekulation hinausgehen.

Ein untrügliches Zeichen für Scheinexpertise sind felsenfeste Überzeugungen.

Dass Drosten von Anfang an zugab, dass durch die magere Datenlage manches noch im Unklaren läge, ist ein Zeichen für seriöses wissenschaftliche Arbeiten. Wenn Pseudo-Experten ihre Thesen mit absoluter Gewissheit verlauten lassen, suggeriert das eine Sicherheit, die Wissenschaft normalerweise nicht bieten kann.

Drosten bleibt als Wissenschaftler immer bei seinem Leisten. Er hat nie seinen fachlichen Rahmen gesprengt und sich zu keiner Zeit wertend über politische Maßnahmen ausgelassen – in seiner Funktion als Wissenschaftler wäre das nicht angemessen.

Im Rahmen der Meinungsfreiheit kann aber selbstverständlich jeder Bürger seine politische Meinung äußern. Sie sollte aber immer als Meinung kenntlich sein.

Auch der oft gehörte Vorwurf, dass die Regierung die falschen Berater herangezogen hat, lässt sich leicht entkräften, man muss sich beispielsweise nur Drostens und Bhakdis Referenzen im direkten Vergleich ansehen:

Drosten ist seit 2017 Professor, Lehrstuhlinhaber und Institutsdirektor an der Charité in Berlin. Im Jahre 2003 gehörte Drosten zu den Mitentdeckern desjenigen Coronavirus, welches die SARS-Pandemie 2002 verursachte und das heute als SARS-CoV‑1 bezeichnet wird. Im gleichen Jahr veröffentlichte Drosten das Genom von SARS-CoV‑1 und identifizierte es als Hauptursache des Schweren akuten Atemwegssyndroms (SARS). Ab 2012 erforschte er unter anderem auch das Coronavirus MERS-CoV. Science zählt ihn nach der Wikipedia zu den

weltweit führenden Experten im Hinblick auf Coronaviren. 

Dagegen beläuft sich Bhakdis Forschungserfahrung mit Coronaviren auf null. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia bringt es trocken auf den Punkt:

Der sich im Ruhestand befindliche Bhakdi war zuletzt als Professor für Medizinische Mikrobiologie tätig. Er hat als Mikrobiologe nicht zu Coronaviren und damit verbundenen epidemiologischen Themen geforscht und publiziert. Die wissenschaftliche Datenbank Medline enthielt 2019 und 2020 keinen einzigen Artikel von ihm.

Der Blick auf die beruflichen Werdegänge ist gleichzeitig die Erklärung dafür, dass Fachleute wie Christian Drosten oder Hendrik Streek begehrte Interviewpartner in den deutschen Leitmedien während der Hochphase der Pandemie waren, während Bhakdi, Wodarg und Co ausschließlich auf YouTube oder in populistischen Medien auftauchten.

Ein Fernsehredakteur beispielsweise sollte nicht Drosten und Bhakdi zum Rededuell einladen, da Drosten eine echte Expertise besitzt, während Bhakdi auf anderen Gebieten geforscht hat. Das hieße Äpfel mit Birnen gleichsetzen.

Dass Bakdhi Ansichten vertritt, die bei einer Minderheit populär sind, macht ihn längst nicht zum Spezialisten für Coronaviren. Ihn mit Drosten auf eine Stufe zu stellen, würde ein verzerrtes Bild zeichnen – die sogenannte False Balance, von der sich seriöse Medien unbedingt abgrenzen müssen.

(Diese Minimalanforderung gilt offenbar für Privatsender wie das österreichische Servus TV des Brauseherstellers Dirk Mateschitz nicht. Der Corona-Verharmloser Sucharit Bhakdi war dort wie auch andere Köpfe der Leugnerszene regelmäßig Gast – die Redaktion.)

Dass Fachleute sich irren können und ein scheinbarer Spezialist auch mal richtig liegen kann, ist bei all den Details nur natürlich, schließlich sind viele Unbekannte eine Begleiterscheinung in Pandemien. Ebenfalls in der Natur der Sache liegt aber, dass bei Schein- oder Halbexperten die Irrtumsrate um ein Vielfaches höher liegt.

Der Ex-Mediziner Sucharit Bhakdi hatte frühzeitig auf die Thrombose-Gefahr durch Impfungen hingewiesen. Und ganz am Anfang der Pandemie machte er zurecht auf einige statistische Geburtsfehler aufmerksam, unter anderem auf die unsaubere Falldefinition, also die Abgrenzung zu anderen Krankheiten, die vor allem chinesische Virologen zu verantworten hatten. Auch die unklare Anzahl von Obduktionen rückte er ins Blickfeld. Seine Schlussfolgerungen waren allerdings nie ausreichend durchdacht.

Gegen die alte Grippe gibt es eine Grundimmunität, gegen das junge Coronavirus nicht.

Dass die Corona-Pandemie Bhakdi zufolge harmloser ist, als angenommen, da möglicherweise die unsaubere Zählweise der Fälle die Datenlage verfälscht hat, ist nicht richtig.

Der Virologe Alexander Kekulé, der wenig geforscht hat, aber als Professor sehr auf seine Öffentlichkeitswirkung bedacht ist, reagierte immerhin auf Bhakdis Punkt in Folge 15 seines MDR-Podcasts. Kekulé gab zu bedenken, dass die anfangs fehlende Immunität gegen SARS-CoV‑2 in der Bevölkerung erheblich zur Gefährlichkeit der Pandemie beitrug. Mit dieser simplen Einschätzung lag er auch trotz fehlender Forschungsexpertise richtig.

Angenommen Covid-19 hätte tatsächlich eine ähnliche Letalität wie das Grippevirus, es würde nichts an der Ausgangslage geändert haben: Gegen Grippe gibts es seit Jahrzehnten eine Grundimmunität, die eine unkontrollierte Verbreitung in einem kurzen Zeitraum verhindert. Gegen Covid-19 traf das nicht zu. Dieser Umstand allein machte SARS-CoV‑2 am Ende so gefährlich.

Ohne Gegenmaßnahmen war eine Überbelastung des Gesundheitssystems also schon zu Beginn der Pandemie mehr als nur im Bereich des Möglichen.

Abgesehen davon, kann ein unzureichend vorbereitetes Krankenhaus bereits durch eine schwere Grippewelle in einem kurzen Zeitraum an seine Kapazitätsgrenzen gelangen, wie das in der Vergangenheit bereits vereinzelt passiert ist.

Dass es angeraten ist, den Hintergrund von Experten bei der Beurteilung ihrer Aussagen mitberücksichtigen, belegt gleichsam der von Kekulé sezierte Ex-Kollege Bhakdi: Der befindet befindet sich nämlich längst im Ruhestand und ist nicht mehr Teil des Wissenschaftsbetriebs. Damit liegt es nahe, dass seine Thesen nicht wie üblich durch Kollegen kritisch geprüft und gewürdigt wurden, sondern ohne vorherige, wissenschaftliche Überprüfungen – ungefiltert – an die Öffentlichkeit gelangten.

Fachwissen befähigt grundsätzlich zu berechtigter Skepsis. Lücken von Fachwissen legen Kollegen offen. Das ist eingeübte Praxis und sichert wissenschaftliche Qualität. Im Fall Bhakdi wären manche seiner Einwände durch vorhergehende Gutachten entkräftet und für nichtig befunden worden.

Es ist durchaus bezeichnend, dass Bhakdi diese Standards nicht nutzte.

„Die Merkel steckt mit den Medien unter einer Decke.“ „Echt jetzt?“

„Die Merkel steckt mit den Medien und dem Drosten unter einer Decke“ teilt mir unser Hausmeister mit, als die Krise im November 2021 erneut ihren Lauf nahm. „Und mit der Pharmaindustrie.“ fügt er hinzu. – „Warum prüft das eigentlich niemand nach?“ entgegne ich ihm.

Er schien die Frage nicht zu verstehen.

„Warum gibt es keine findigen Hacker, die die angebliche Verschwörung aufdecken? Und komisch, dass sich kein einziger Whistleblower meldet,“ schiebe ich nach. – „Die sind zu mächtig, die haben alle Fäden in der Hand.“ antwortet er. 

„Aber was hat eigentlich die Merkel davon?“ ist mein letzter Versuch einer kritischen Frage. – Er erklärt mir, dass die Merkel einfach Teil des Systems sei.

Diese Einfachheit macht baff. Ich würde gerne seine Theorie widerlegen, leider fällt mir in dem Moment nichts mehr dazu ein. Ich muss das so stehen lassen.

Eine Minderheit in der Bevölkerung geht offenbar von einer erhöhten Korrumpierbarkeit von Politik, Medien und Wissenschaft aus, für die es keine faktischen Anhaltspunkte gibt. Um kritischen Maßstäben zu genügen, müssten aber zuerst Anzeichen für Bestechlichkeit und Hinterlist der Regierung vorhanden sein.

Bei unabhängigen weltweiten Organisationen, wie beispielsweise Reporter ohne Grenzen oder dem von Transparency International herausgegebenen Korruptionswahrnehmungsindex CPI lässt sich nachschlagen, wie wenig oder wie stark Korruption in den Alltag eines Landes hineinwirkt. 2021 belegte Deutschland zum zweiten Mal in Folge in der Rangliste einen guten zehnten Platz. Am wenigsten Korruption gab es in Dänemark und Neuseeland auf Platz eins, während beispielsweise die USA Platz 27 belegten. Vorrangiges Problem in Deutschland ist der Lobbyismus.

Wegen der „Querdenker“ ist die Lage der Pressefreiheit in Deutschland“ nur noch zufriedenstellend. „Das ist ein deutliches Alarmsignal.“

Pressefreiheit ist im Grundgesetz Art. 5 Abs. 3 verankert. Zudem haben sich viele Redaktionen ethische Grundsätze gegeben. Ganz wichtig ist Pluralismus. Ein Problem ist versteckte PR, die sich als Presse tarnt. Im internationalen Vergleich von Reporter ohne Grenzen steht Deutschland auf Platz 13. Auf Platz eins Norwegen. Die USA dagegen nur auf Position 44. Schlusslicht bilden Nordkorea und Eritrea auf Platz 180.

In Deutschland sind Geheimdienstüberwachung und Versuche, das journalistische Zeugnisverweigerungsrecht abzuschaffen, die größte Bedrohung der Pressefreiheit. Im Gegensatz zu den USA sind hierzulande Whistleblower aber gut geschützt. Sogar wenn der Auslandsgeheimdienst BND Informationen von Journalisten im Ausland, die für deutsche Medien arbeiten, abgreifen will, schreiten die Verfassungshüter ein.

Ohnehin schützt das oberste Gericht die Pressefreiheit wie keine andere Institution vor Begehrlichkeiten der Sicherheitsbehörden.

Ein Problem ist die während der Coronakrise zunehmende Gewalt gegen Journalisten von Rechts, von gewalttätigen „Querdenkern“ und die Tatenlosigkeit der Polizei – vor allem in Sachsen.

Reporter ohne Grenzen hat Deutschland deshalb im Pressefreiheitsranking herabgestuft – von Platz 11 in 2020 auf Platz 13 in 2021. Die Lage der Pressefreiheit in Deutschland bewertet die Organisation nun nicht mehr als „gut“, sondern nur noch als „zufriedenstellend“. Das sei ein „deutliches Alarmsignal“, erklärt der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. Journalisten, die vor Ort über Querdenker-Demonstrationen berichten, werden in Deutschland massiv bedroht.

Kritische Behauptungen müssen durch Tatsachen belegt werden. Seriöse, unabhängige und wahrheitsgetreue mediale Berichterstattung kann diese Quellen liefern. Die Beweislast liegt immer bei denjenigen, die Behauptungen aufstellen. Die radikalisierten Impfgegner schert das wenig. Ohnehin ist zweifelhaft, ob es nur um die Maßnahmen gegen das Virus geht oder ob nicht eine generelle antidemokratische Haltung die wahre Ursache für die ablehnende Haltung jedweder Maßnahme ist.

Die Radikalisierung der Coronaleugner hat sich dabei Schritt für Schritt vollzogen. Am Anfang der Pandemie war beispielsweise Übertragungskraft und die Sterblichkeit des Virus noch nicht exakt bestimmt. Kritik war zu diesem Zeitpunkt sicherlich angebracht. Indes führte die medizinische Forschung unter enormen Druck eine Reihe von Studien durch, sammelte Erkenntnisse zur Corona-Pandemie – und korrigierte mit einem immer klareren Bild anfängliche Einschätzungen.

Die Gegenthesen der Coronaleugner blieben dagegen Behauptungen ohne Belege. Korrekturen lassen sich nicht erkennen. Bis heute sind die Leugner die Beweise schuldig geblieben.

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